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Die Kaffeekenner aus Emmerich

In Emmerich baut Probat seit über 140 Jahren die erfolgreichsten Kaffeeröstmaschinen der Welt. Sieben von zehn Tassen Kaffee, die weltweit getrunken werden, werden gebraut aus Bohnen, die auf Anlagen der Probat-Gruppe geröstet wurden. Und da der Kaffeekonsum vor allem auch in den Erzeugerländern zunimmt, herrscht Aufbruchstimmung am unteren Niederrhein.

Mit der Zeit sind wir alle große Kaffeeexperten geworden. Bestellungen wie Latte Macchiato und Cappuccino gehen uns leicht über die Lippen. Wir können Kaffeesorten wie Arabica und Robusta unterscheiden, wir wählen Kaffeemaschinen mit Schwallautomatik, wir kochen Kaffee französisch, italienisch oder türkisch. Doch Probat aus Emmerich sagt vielen Kaffeegenießern hingegen nichts, weil diese sich auf die Zubereitung konzentrieren und über das Rösten hinwegsehen. In aller Welt arbeitet ein Großteil der Kaffeeröster mit Anlagen der Probat-Gruppe. Deren Know-how ist überall gefragt. Die Emmericher Anlagenbauer sind nicht ohne Grund Weltmarktführer.

Dass die erfolgreichsten Röstmaschinen seit über 140 Jahren am Niederrhein gebaut wurden und nicht in Hafenstädten wie Hamburg oder Bremen, hat mit dem Pioniergeist von Emmericher Kaufmännern zu tun – dazu kommen die Anbindung an den Rhein und die damals neu eröffnete Bahnlinie Amsterdam-Basel. Zu dieser Zeit war Kaffee  ein Luxusgut. Rohkaffee gab es im Krämerladen, geröstet wurde zu Hause über Ofen oder Herd. In der nicht ohne Grund so genannten Gründerzeit hatten die Kaufleute Alexius van Gülpen und Johann Heinrich Lensing die Idee, ihren Kunden den Kaffeegenuss zu erleichtern, Rohkaffee selber zu rösten und das fertige Produkt zu verkaufen. Dazu mussten größere Röstgeräte entwickelt werden als die kleinen Trommeln mit Handkurbel für den Hausgebrauch. So kam ein junger Ingenieur ins Spiel, Theodor von Gimborn. Zu dritt gründeten sie die Emmericher Maschinenfabrik und Eisengießerei van Gülpen, Lensing & von Gimborn. Dort entstand 1870 der erste Kugelröster und ging schnell in Serienfertigung. Die Leistung robuster moderner Röstgeräte sprach sich schnell herum, sie entwickelten sich zum Verkaufsschlager. Bis 1900 waren weltweit 50.000 Exemplare verkauft, 1938 bereits 100.000.

Der lange Firmenname wurde nach dem Krieg in Probat umbenannt, genauer in Probat-Werke von Gimborn Maschinenfabrik. Probat, der lateinische Begriff für bewährt, erprobt, war bereits der Markenname eines Rösters. Schließlich wurde aus dem Marken- auch der Firmenname. Probat ist bis heute ein Familienunternehmen, das eng mit dem Niederrhein verwurzelt ist und in alle Welt ausstrahlt. Bis 1993 leiteten drei Geschäftsführer der Gründerfamilie von Gimborn die Firma. Die Familien sind weiterhin Eigentümer des Unternehmens, das heute von Wim Abbing, Schwiegersohn von Carl Hans von Gimborn, in der vierten Generation als Alleingeschäftsführer geleitet wird. Die Nachfahren der beiden Kaufleute sind dem Kaffee auch als Produkt bis heute treu geblieben. So vertreibt das Emmericher Unternehmen Lensing und van Gülpen auch heute noch den Röstkaffee Royal, der etwa über die Manufactum-Läden oder das Berliner Nobel-Kaufhaus Kadewe vertrieben wird. Doch Probat hat sich von Beginn an auf die Röstmaschinen verlegt, der Erfolg gab der Entscheidung recht. Das Unternehmen hat heute einen Weltmarktanteil von über 50 Prozent. Und der Kaffeekonsum steigt weltweit weiter. Brasilien, bisher vor allem als größter Kaffeeproduzent der Welt bekannt, erlebt im eigenen Land einen starken Zuwachs im Kaffeekonsum. Und auch hierzulande haben die amerikanischen Kaffeehausketten mit ihrem Coffee to go den Kaffee gerade bei jungen Leuten zum In-Getränk gemacht. Auch wenn Röstmaschinen langlebige Anlagen sind, steigt weltweit die Nachfrage nach ihnen.

Gab es in Deutschland noch vor dem Krieg Tausende kleiner Röstereien, so setzte ein unaufhörlicher Konzentrationsprozess zu wenigen großen Röstereien ein. Trotzdem gibt es auch heute wieder kleinere Spezialitätenröster. Seit Jahren führt auch der Frische-Trend zu Veränderungen am Kaffeemarkt. Mit kleinen, aber leistungsstarken Ladenröstern kann Rohkaffee in kleineren Mengen von fünf bis 50 Kilogramm direkt am Point of Sales, beim Bäcker oder Café um die Ecke, geröstet werden: Probat hat mit der neuen Serie Probatone die richtigen Trommelröster auf dem Markt. Rund 49 Prozent aller Anlagen gehen an kleine mittelständische Unternehmen. Rohkaffee ist jahrelang haltbar, die Aromen nicht. Erst durch das Rösten entwickelt die Bohne mehr als 1000 Aromen, die wenn sie sich mit Sauerstoff binden, flüchtig sind. „Alles, was man riecht, hat man nicht in der Tasse“, weiß Inga Schäper, bei Probat Manager Communication und Training. Wie Kaffeesorten, Röstung, Mahlgrad und Zubereitung ineinandergreifen, wird in Emmerich in diversen Schulungen den Kunden vermittelt.

Probat steht weiterhin im Wettbewerb, ist jedoch weltweit gut aufgestellt. Viele der damaligen Wettbewerber gibt es nicht mehr. Der amerikanische Röstmaschinenhersteller Burns, 1864 gegründet, war auf dem amerikanischen Markt lange größter Konkurrent. In der 90er Jahren konnte die Probat-Gruppe Burns übernehmen. Die ältesten Röster sind jetzt unter einem Dach vereint. Weltweit hat Probat 650 Mitarbeiter, von denen 360 in Emmerich arbeiten. Probat bekennt sich ausdrücklich zum Standort Deutschland. Von den Gründervätern bis heute setzt die Produktion in Emmerich auf qualifizierte Fachkräfte, optimale Infrastruktur und die Verfügbarkeit modernster Technologien. Der Hauptmarkt mit 49 Prozent ist Europa, gefolgt von Nordamerika mit 25 Prozent und Südamerika, Asien und Afrika mit 24 Prozent. Probat ist bekannt für einen technologisch hohen Level. Dafür stehen auch das eigene Labor und das Technikum, in denen eigene Entwicklungen stattfinden sowie Röstverfahren durch Kunden getestet werden können. Die Emmericher Kaffeeexperten haben schon Entwicklungsaufgaben für Nestlé und Kraft übernommen. Zusammen mit dem Hamburger Mühlenhersteller Mahlkönig und dem italienischen Espressomaschinenbauer La Marzocco aus Florenz hat Probat das Projekt Songwa Estates in Tansania ins Leben gerufen. Auf dieser ostafrikanischen Musterkaffeefarm wird interessierten Kunden in drei Tagen intensiv alles über die Erzeugung von Kaffee nahe gebracht.

Auch technologisch ist das Rösten von Kaffeebohnen, zu denen längst Kakaobohnen und Ölsaaten dazu getreten sind, nicht ausgereizt. Zum traditionellen Trommelröster kamen Tangential- und das Zentrifugalverfahren hinzu. Die Zentrifugalröster der Serie Saturn wurden erst in den 80er Jahren zur Marktreife entwickelt. Der Pioniergeist in Emmerich ist nach wie vor täglich zu spüren. Die Probat-Werke sind der größte Ausbilder am unteren Niederrhein. Über zehn Prozent der Belegschaft sind Azubis in sieben verschiedenen Berufen. Und für den liebevollen Blick zurück steht das Museum für Kaffeetechnik. Das Museum kann nach vorheriger Terminvereinbarung (Tel. 02822 912-331) wochentags besichtigt werden. Geschäftsführer Wim Abbing freut sich über Besucher: „Jedermann ist herzlich eingeladen, das Museum zu besuchen und die über 140-jährige Tradition unseres Unternehmens hautnah zu erleben.“


PROBAT-Werke von Gimborn Maschinenfabrik GmbH
Reeser Straße 94
46446 Emmrich

Telefon: +49(0) 2822.912-0
www.probat.com

Stand: August 2010